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{{postCount}} Das Flaggschiff der Wanderwege
© Marian/stock.adobe.com
125 Jahre Westweg

Das Flaggschiff der Wanderwege

Der Westweg im Schwarzwald ist der bekannteste Wanderweg Baden-Württembergs und mit 285 Kilometern auch einer der längsten. 2025 wird er 125 Jahre alt. Doch sind solche langen Fernwege in Zeiten kurzer Rundtouren überhaupt noch gefragt?

Quick Wins

Westwegfonds:
Die Arbeitsgemeinschaft aus Schwarzwaldverein, Schwarzwaldtourismus und den Kommunen koordiniert die Arbeit am Westweg.

Qualitätssiegel:
Seit 2006 gehört der Westweg zu den „Qualitätswegen Wanderbares Deutschland“, ein Zertifikat des Deutschen Wanderverbands.

Streckenverlauf:
Von Pforzheim nach Basel in 13 Etappen. Am Titisee gabelt sich der Weg in eine Ost- und eine (beliebtere) Westroute über den Feldberg.

Ende 2022 brachte der Ettlinger Filmemacher Marco Ruppert ein ambitioniertes Werk auf den Markt. Es trägt den Titel „WildWestwegs“, ein Epos in Spielfilmlänge über den ältesten Wanderweg im Schwarzwald. Die Frage war nur: Wer würde sich das anschauen? Gibt es überhaupt genug Kinos, die bereit sind, den Naturfilm in ihr Programm zu nehmen?

Er wurde zum Überraschungserfolg. Rund 80 Kinos in ganz Deutschland zeigten den Film, mit einem enormen Publikumszuspruch, der immer wieder für ausverkaufte Häuser sorgte. Ruppert selbst hatte nicht im Ansatz mit solch einer Resonanz gerechnet. Der Westweg, er zieht offenbar noch immer.

„Natürlich“, sagt Sascha Hotz, Leiter der Outdoorthemen bei der Schwarzwald Tourismus GmbH (STG). „Er ist das Flaggschiff unseres Wanderangebots.“ Auch Thomas Beyrer, Referent für Naturthemen bei der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg (TMBW), lässt keinen Zweifel: „In unseren Publikationen zum Thema Wandern ist der Westweg immer ganz vorn.“ 

Der Mythos Westweg begeistert auch noch nach 125 Jahren

Ein Mythos und ein Anker, bei dem man nicht erst erklären muss, worum es hier geht. „Das löst Bilder im Kopf aus und oft viele Erinnerungen“, sagt Sascha Hotz. Auf Reisemessen wie der CMT in Stuttgart kämen immer wieder Leute an den Ständen vorbei, die ihre Geschichte dazu erzählen.

Die Frage ist nur: Wird er tatsächlich in nennenswertem Umfang gelaufen, wo zunehmend kurze Rundtouren von maximal 15 Kilometern das Wanderangebot bestimmen? Wer braucht da noch eine 285 Kilometer lange Fernstrecke, deren Etappen zu einem nicht geringen Teil weit über 20 Kilometern liegen?

„Es gibt für beides eine Klientel“, sagt Mirko Bastian, Hauptgeschäftsführer des Schwarzwaldvereins in Freiburg: Für die kurzen Rundwege, die als Genießerpfade zwischenzeitlich den ganzen Schwarzwald durchziehen und sich mit einer Länge von fünf bis 15 Kilometern auch für eine Halbtagestour eignen. Und für die Langstrecke, die zumeist ganz andere Menschen anspricht: „Wer den Westweg macht, will nur wandern und sonst nichts“, sagt Bastian. Den Genießerpfad kann man hingegen auch mal als Baustein in den Urlaub integrieren.

©Chris Keller / Schwarzwald Tourismus
Tor zum Westweg: Heute eröffnen Portale die jeweilige Westweg-Etappe

„Folgen Sie der Raute“

Der Schwarzwaldverein ist der Erfinder des Westwegs, im Jahre 1900 wurde er von der badischen Sektion aus der Taufe gehoben. Eine Nord-Süd-Verbindung, die in Pforzheim beginnt und in Basel endet, mit allen Höhen und Tiefen, die Deutschlands größtes Mittelgebirge zu bieten hat.

Der Schwarzwaldverein ist bis heute für die Beschilderung des Westwegs verantwortlich. Die rote Raute weist den Weg, und es sind nicht wenige, die ihr folgen: „Gemessen an den Downloadzahlen der GPX-Tracks ist die Nutzung sehr hoch“, sagt Sascha Hotz von der STG. Etwa 20.000 Mal wurden im letzten Jahr die Daten allein auf der Plattform Outdooractive abgerufen.

Dazu werden jährlich etwa 15.000 Broschüren mit Etappenvorschlägen, Unterkünften und ÖPNV-Tipps verteilt. Auf etwa 5.000 bis 6.000 schätzt die STG die Zahl der Übernachtungen am Westweg, rund 500 bis 600 Gepäcktransporte wurden bei Reiseveranstaltern im gleichen Zeitraum gebucht. Derzeit werden Zähler installiert, die fürs Jubiläumsjahr 2025 noch genauere Daten liefern sollen.

Man ist mal wieder eifrig am Werkeln, damit sich der Westweg zum 125. Geburtstag von seiner besten Seite zeigt. Mit der ersten Zertifizierung als „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ im Jahr 2006 wurde eine Arbeitsgemeinschaft mit dem Namen „Westwegfonds“ gegründet, die bis zum heutigen Tag Bestand hat.

Ihr gehören der Schwarzwaldverein, die Schwarzwald Tourismus GmbH und die 38 Kommunen am Wegesrand an, mit einer klaren Arbeitsteilung: Der Schwarzwaldverein beschildert, die Gemeinden sorgen für die Möblierung und die STG steuert die Aktivitäten. Man tut viel, dass die Vorzeigestrecke in Schuss bleibt, für 2025 sind neue Bänke aus Schwarzwaldholz, Selfiespots und eine Markierung der Wegmitte geplant.

Gut zu Wissen:

Zum 125. Jubiläum ist der „Tag des Wanderns“ des Deutschen Wanderverbands am 14. Mai 2025 dem Westweg gewidmet: wanderverband.de

Der Schwarzwaldverein wird im Jubiläumsjahr ab 1. Mai geführte Etappenwanderungen auf dem Westweg anbieten: schwarzwaldverein.de

Der Film „WildWestwegs“ von Marco Ruppert ist auch digital und als DVD erhältlich: ruppertfilm.de

Buchtipp: Johannes Schweikle und Daniel Keyerleber, Über den Schwarzwald – Entdeckungsreise auf dem Westweg, 8-Grad-Verlag, Freiburg 2024, ISBN 978-3-910228-28-3, 35 Euro.

©TMBW/Andreas Weise
Kraftort am Wegesrand: Auch der mythische Gipfel des Belchen liegt am Westweg Schwarzwald

Ein Weg für alle

2025 steht überdies die Rezertifizierung beim Deutschen Wanderverband an. Dafür müssen immer wieder Wegabschnitte verlegt und zu breite Passagen durch schmalere Pfade ersetzt werden. Das ist nicht nur gut fürs Gütesiegel, sondern trifft auch die Erwartungen heutiger Nutzer: Immer seltener sind Wandervereine in Großgruppen unterwegs, dafür viele Individualreisende, die sich alleine, als Paar oder mit ein paar Freundinnen und Freunden auf den Weg machen.

„Die Klientel ist sehr bunt, auch viele junge Menschen sind darunter“, sagt Sascha Hotz. Die meisten laufen den Westweg in Abschnitten, „drei Tage Nord, drei Tage Süd, drei Tage Mitte“, lautet die Erfahrung der STG. Doch es gibt auch Wandersleute, die sich die Strecke am Stück vornehmen – oder nur mal eine Etappe schnuppern wollen.

Der Ein- und Ausstieg fällt zumeist leicht, denn der öffentliche Nahverkehr entlang der Strecke ist gut organisiert. Das findet auch der Autor Johannes Schweikle, der kürzlich ein Buch über den Westweg geschrieben hat: „Ich war erstaunt, wie gut alles angebunden und wie schnell man in der Wildnis ist.“ 

Ähnlich wie beim ÖPNV sieht es mit den Übernachtungsmöglichkeiten aus: „Auf etwa zwei Dritteln der Strecke findet man genug Quartiere“, sagt Sascha Hotz, „beim Rest muss man etwas besser planen.“ Dabei hilft die STG mit Etappenvorschlägen von Unterkunft zu Unterkunft, überdies gibt es einen Flyer mit ÖPNV-Angeboten. 

Autor Johannes Schweikle ist ein erfahrener Westweg-Geher, hat die Strecke schon einmal für das Reisemagazin Merian am Stück gemacht und nun kürzlich wieder in Etappen: „Die Abwechslung ist groß“, lautet auch sein jüngster Eindruck, „man kommt dabei Land und Leuten auf die Spur.“ 

Eine Spur, die übrigens auch von vielen internationalen Gästen gern begangen wird: Der Westweg hat im Ausland einen legendären Ruf. Deswegen hat Marco Ruppert von seinem Film auch eine internationale Version anfertigen lassen. Titel: „Trail of Secrets“, der Pfad der Geheimnisse.

Alles Wissenswerte über den Westweg findet man auf einer eigenen Themenseite der Schwarzwald Tourismus GmbH.

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