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{{postCount}} Zeitreise im Ferienhaus
Außenaufnahme Hederle© Thomas B. Jones
Innovationspreis

Zeitreise im Ferienhaus

„Räume im Wandel“ lautete das Motto des Innovationspreises Tourismus 2025. Gewonnen hat der Ferienhof Hederle, der nicht modern sein will und dennoch den Nerv der Zeit trifft

Es ist kühl in der guten Stube, der Ofen wurde gerade erst angefeuert. Es dauert, bis sich in dem 300 Jahre alten Gemäuer langsam Gemütlichkeit einstellt. Doch genau das macht den Reiz dieser Ferienunterkunft in Elzach-Oberprechtal aus: Wer sich auf einen Urlaub in dem alten Bauernhaus einlässt, erlebt ein Stück Schwarzwaldkultur. Die Gäste tauchen ein in das Lebensgefühl vergangener Zeiten und leisten einen Beitrag zum Erhalt des historischen Hofensembles.
„Ferien im Baudenkmal“ heißt das Konzept, das vom Tourismus-Verband Baden-Württemberg (TVBW) mit dem Innovationspreis Tourismus ausgezeichnet wurde. Die Preisträger sind Constanze und Christoph Freudenberger aus Freiburg, die das Anwesen aus dem Jahr 1740 erworben und vor dem Abriss bewahrt haben. Ziel war es, den baufälligen Schwarzwaldhof „Im Hederle 3“ möglichst originalgetreu zu sanieren und als Ferienhaus erlebbar zu machen.
Den historischen Charme konnte man anfangs nur erahnen: Das vernachlässigte Anwesen war „ein übles, dunkles Loch und völlig zugewuchert“, erinnern sich die Bauherren. Teil des Konzepts war es aber, so viel wie möglich an originaler Substanz zu erhalten und in der weiteren Ausgestaltung dem Charakter des Hauses gerecht zu werden. „Das Leben der Bewohner war geprägt von Mangel und wenig Geld. Reparieren statt wegwerfen: Das wurde hier über Jahrhunderte so gemacht und sollte sichtbar bleiben“, erklärt Christoph Freudenberger seinen Ansatz.

Preisverleihung Tourismuspreis© Thomas B. Jones
Preisverleihung im Rahmen der CMT 2025: TVBW-Geschäftsführerin Christine Schönhuber (l.) und Verbands-Präsident Dr. Patrick Rapp (r.) gratulieren den Preisträgern Constanze und Christoph Freudenberger

Reparieren statt wegwerfen

So haben die beiden fünf Jahre lang gezimmert, geschweißt und geflickt. Das dunkel gestrichene Holz wurde abgelaugt, die Böden aufgefrischt, Wände und Möbel mit Leinölfarbe behandelt. Die zu kurzen Bettrahmen konnten mit eingesetzten Leisten auf ein modernes Matratzenmaß verlängert werden. Eine Mistgabel verwandelt sich unter den geschickten Händen von Christoph Freudenberger in einen Kerzenständer. Und die übrig gebliebenen Biberschwanz-Ziegel finden als Fliesen in der Küche eine neue Verwendung.
Ja, körperlich anstrengend sei die Eigenleistung am Haus gewesen. Doch das ist für die beiden Senioren kein Thema mehr. Was noch nachhängt, sind die Auseinandersetzungen mit dem Denkmalschutz. Die vielen „Wenns und Abers“ hätten nicht nur an den Nerven, sondern auch am Kapital gezehrt. Anträge schreiben. Fristen, die während der Corona-Zeit kaum einzuhalten waren. Handwerker finden mit freien Kapazitäten und dem Verständnis für so ein besonderes Projekt. Warum tut man sich das an? Bei der Antwort hellen sich die Gesichter auf: „Jedes Mal, wenn man einen Punkt geschafft hat, ist das auch ein Glücksgefühl.“
Seine Leidenschaft für alte Dinge und historische Häuser begleitet Christoph Freudenberger schon ein Leben lang. Beruflich handelte der technische Kaufmann mit alten Baustoffen, war Gründer und fast 30 Jahre lang Geschäftsführer des Unternehmerverbands Historische Baustoffe. Das Geschäftsmodell sei anfangs keinesfalls akzeptiert gewesen: „Wir haben viel Ärger gehabt, weil Rückbau auch Zeit bindet. Die Reaktion war oft: Was wollen die Spinner mit dem alten Zeug?“

Badezimmer im Hederle© Thomas B. Jones
Ein modernes Badezimmer mit historischer Anmutung, Warmwasser und Toiletten sind ein Zugeständnis an die Moderne


Der Kontakt mit der britischen Initiative „Landmark Trust“ sei die Initialzündung für die Idee gewesen, aus historischen Gebäuden Ferienunterkünfte zu machen. „Zu oft werden Bauwerke zerstört, nur um etwas Glattes, Neues hinzustellen. Das halte ich für eine Fehlentwicklung. So verliert der Schwarzwald sein Gesicht“, bedauert Freudenberger. Jahrelang habe er mit Worten für sein Anliegen geworben, dann wollte er es den Kritikern und Zweiflern einfach mal zeigen, sanierte ein Schwarzwaldhaus bei St. Georgen, schenkte in Triberg einem Bahnwärterhäuschen ein neues Leben – und vermietete beide Objekte an Feriengäste. Mit seiner zweiten Frau Constanze, einer Kinderärztin, die auch künstlerisch tätig ist, hatte er schließlich eine kongeniale Mitstreiterin für ein drittes Projekt gefunden: das Hederle in Elzach-Oberprechtal.

Wertschätzung durch Innovationspreis

„Sehr viel Unverständnis“ sei ihm all die Jahre begegnet, berichtet der Experte für alte Gebäude. Umso größer jetzt die Freude, mit dem Tourismuspreis Wertschätzung für das jahrelange Engagement erfahren zu haben. Das Konzept, eine Schnittstelle zwischen Tourismus und Denkmalpflege, trifft den Nerv der Zeit. Das Hederle, so die Jury, sei ein historisches Kleinod, das Urlaubsgäste in eine andere Welt eintauchen lasse, womit auch ein touristischer Trend aufgegriffen werde.

Gut zu Wissen: Das sind die weiteren Preisträger


Niedrige Decken, quietschende Türen und knarzende Böden – das gehört in dieser Welt dazu. Aber es gibt durchaus auch Zugeständnisse an die Moderne: „Wir haben zwei Bäder eingebaut, mit Durchlauferhitzer und Toiletten. Vorher war hier nur ein Plumpsklo“, erzählt Constanze Freudenberger. Unten gibt’s eine Dusche, oben wertet eine freistehende Badewanne das Bad auf. Eine Besonderheit ist die saunaähnliche „Schwitzkammer“ im ehemaligen Kuhstall. Wie in der Küche wird auch hier der Ofen mit Holz befeuert. Aber keine Sorge: Wer nicht mit Feuer umgehen kann, bekommt für die Reise in die Vergangenheit eine Einführung ins Anheizen gratis mit dazu.

Innovationspreis Tourismus 2026

2026 geht der Innovationspreis Tourismus unter dem Motto „Mutig in die Zukunft“ in die nächste Runde. Mehr Informationen zu Ausschreibung und Bewerbungsfrist gibt es im Tourismusnetzwerk Baden-Württemberg.

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