
Handlungsfeld 2
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Die Lichter tanzen über die Fassaden des ZKMs, Musik mischt sich mit Stimmen, die Museumstüren stehen weit offen. Drinnen folgt eine Gruppe der Gebärdensprachdolmetscherin, die mit den Händen Geschichten erzählt. Kein Sonderprogramm, keine Ausnahme – einfach Teil des Abends.
„Barrierefreiheit ist kein Zusatzangebot“, sagt Alexandra Hermann, Kunstvermittlerin am ZKM und Sprecherin des Netzwerks Kultur barrierefrei Karlsruhe. „Es ist eine Haltung – und sie funktioniert nur, wenn man sie gemeinsam vertritt.“
Das Netzwerk Kultur barrierefrei Karlsruhe entstand vor dreieinhalb Jahren aus einer Initiative des Badischen Landesmuseums und der gemeinsamen Erkenntnis: Viele Häuser arbeiteten bereits an inklusiven Angeboten, aber meist nebeneinander statt miteinander.

Wir haben gemerkt, dass wir alle dieselben Fragen hatten. Wie erreichen wir Menschen mit Beeinträchtigungen? Wie machen wir unsere Programme sichtbar? Und wie können wir voneinander lernen?
Heute sind fast alle großen Kulturinstitutionen der Stadt beteiligt – vom ZKM bis zur Kunsthalle, vom Naturkundemuseum bis zur Städtischen Galerie. Sie treffen sich regelmäßig, tauschen Erfahrungen aus, teilen Ressourcen. „Das Entscheidende ist der Austausch“, sagt Hermann. „Wir sprechen offen über Herausforderungen und ziehen an einem Strang.“ Diese Offenheit ist das Fundament des Erfolgs: ein Netzwerk, das durch Vertrauen wächst – nicht durch Formalien.
Im Naturkundemuseum Karlsruhe zeigt sich, was Zusammenarbeit bewirken kann. In der Ausstellung „Von Sinnen“ wurden Taststationen, Gebärdensprach-Videos und Texte in Leichter Sprache von Beginn an mit Experten und Expertinnen aus den Zielgruppen entwickelt. „Wir haben gelernt, dass Barrierefreiheit kein Zusatz ist, den man später ergänzt“, sagt Dr. Constanze Hampp, Leiterin der Kommunikation. „Sie muss Teil des Konzepts sein – von Anfang an.“ Durch das Netzwerk wird dieses Verständnis geteilt.

Das ZKM bringt Wissen zu Leitsystemen ein, wir zu taktilen Elementen – jeder hat andere Stärken. Das spart Ressourcen und erhöht die Qualität. Und am Ende profitieren die Besuchenden, weil sie Kultur auf ihre Weise erleben können.
Alexandra Hermann, die selbst gerade erst die barrierefreie Ausstellung playABLE kuratiert hat weiß, “man darf keine Angst vor Fehlern haben. Oft reicht schon ein kleiner Schritt, um sichtbar zu werden. Das ermutigt andere, ebenfalls anzufangen.“
Wie aus Austausch Struktur wird, zeigt die KAMUNA besonders eindrucksvoll. Für Julia Gärtner von der KTG Karlsruhe Tourismus GmbH ist sie ein Paradebeispiel, wie Stadt, Kultur und Tourismus Hand in Hand arbeiten.

Wir nehmen regelmäßig an den Netzwerktreffen teil. Als KTG sehen wir uns dort vor allem in einer kommunikativen Rolle. Wir vernetzen, kommunizieren die Angebote und bringen uns dort ein, wo wir gebraucht werden.
Seit einigen Jahren liegt auch die Gesamtkoordination der KAMUNA bei der KTG.
„Wir laden zu den Gremiensitzungen ein, übernehmen die Öffentlichkeitsarbeit, das Sponsoring und die übergreifende Vernetzung der Einrichtungen“, erklärt Gärtner. „Das Programm selbst wird weiterhin von den Museen gestaltet.“
Aus dem Netzwerk heraus entstand auch die Idee, die barrierearmen Angebote der Museumsnacht gezielt aufeinander abzustimmen. „Wir wollten, dass Besucher und Besucherinnen von einem Haus zum anderen gehen können, ohne dass sich Termine überschneiden“, sagt sie. „So wird aus vielen Einzelprogrammen ein gemeinsames Erlebnis.“
© TMBW / Gert KrautbauerErgänzt wird das durch die Plattform kulturinkarlsruhe.de, auf der alle barrierearmen Kulturangebote gebündelt sind. „Interessierte können dort auf einen Blick sehen, wo und wann Führungen in Gebärdensprache, in Leichter Sprache oder sensorische Formate stattfinden“, erklärt Gärtner. „Das macht Kultur zugänglicher – und sorgt dafür, dass niemand etwas verpasst.“
Das Netzwerk ist heute mehr als eine Austauschplattform. Es ist ein System gegenseitiger Unterstützung, das Wissen bewahrt und weitergibt.
„Natürlich kostet Barrierefreiheit Zeit, Geld und Energie“, sagt Hampp. „Aber wenn man die Verantwortung teilt, wird sie machbar. Wir alle gewinnen – fachlich, menschlich, gesellschaftlich.“
„In Karlsruhe funktioniert das Miteinander unglaublich gut“, sagt Gärtner. „Von großen Landesmuseen bis zu kleinen Vereinen – alle ziehen an einem Strang. Wir lernen voneinander und profitieren voneinander.” So wird aus Engagement Struktur – und aus Struktur Haltung.