
Handlungsfeld 1
mehr erfahrenEs ist still in der CAVE, dem immersiven Forschungslabor des Fraunhofer IAO in Stuttgart. Nur das leise Surren der Rechner begleitet die Projektionen an den Wänden. Eine virtuelle Hotellobby entsteht – lichtdurchflutet, durchzogen von Laufwegen, die nicht von Menschen, sondern von Robotern genutzt werden. Hier, wo Wissenschaftlerinnen wie Vanessa Borkmann Zukunftsräume entwerfen, wird greifbar, wie Technologie und Nachhaltigkeit zusammenfinden können.

Wir denken das Hotel nicht mehr als einzelnes Gebäude sondern als Teil eines Ökosystems – mit Gästen, Mitarbeitenden, Zulieferern und der Nachbarschaft.
Was nach Zukunftsmusik klingt, ist längst gelebte Zusammenarbeit: Im Innovationsnetzwerk FutureHotel, das Borkmann 2008 gegründet hat, arbeiten Forschende des Fraunhofer IAO Hand in Hand mit der Hotellerie. Die Kooperationen laufen oft über viele Jahre – nicht, um kurzfristige Lösungen zu liefern, sondern um Entwicklungen kontinuierlich zu begleiten und zu evaluieren.
„So entsteht ein echtes Zukunftslabor für den Tourismus“, erklärt Dr. Constanze Heydkamp, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut. „Wir wollen, dass sich Unternehmen vorbereitet fühlen auf das, was kommt – und die Zukunft aktiv mitgestalten.“
Ein Beispiel dafür ist die Studie „FuturHotel 360° Service Ecosystem“: Sie untersucht, wie Hotels mit ihrer Umgebung interagieren können – von E-Ladesäulen über Urban-Gardening-Flächen bis hin zu sozialen Services wie Kinderbetreuung oder Nachbarschaftsprojekte. Die Idee: Hotels sollen nicht nur wirtschaftlich agieren, sondern auch gesellschaftlichen Mehrwert schaffen.
Im Leitplankenpapier „Zukunftsfähiger Tourismus“ wird dieser Ansatz präzise beschrieben: Nachhaltige Entwicklung entsteht dort, wo Forschung, Trends und Innovation zusammenwirken. Das Fraunhofer IAO verkörpert diese Verbindung exemplarisch. Hier werden Zukunftsszenarien entwickelt, Trends wie Künstliche Intelligenz oder Robotik kritisch analysiert und technologische Lösungen getestet, bevor sie in die Praxis gehen.
„Wir gehen nicht naiv an Technologie heran“, betont Borkmann. „Uns interessiert, welche Chancen, aber auch welche Risiken entstehen – von Energieverbrauch über Ethik bis zur Akzeptanz.“ Der Leitgedanke: Human Centered AI – Technologie soll dem Menschen dienen, nicht umgekehrt.
Wie dieser Wissenstransfer funktioniert, zeigt das Beispiel McDreams Hotels. Das Familienunternehmen aus München hat gemeinsam mit Fraunhofer eine umfassende KI-Strategie entwickelt.

Wir standen vor der Frage, wie wir mit weniger Personal dieselbe Qualität bieten können. Die Antwort lag in Automatisierung – aber nicht als Selbstzweck, sondern um Mitarbeitende zu entlasten.
Heute läuft in den McDreams-Häusern vieles digital: Telefon- und Chatbots beantworten Gästeanfragen, die digitale Gastreise ersetzt den klassischen Check-in, Robotik übernimmt Routinearbeiten. Das Ergebnis: weniger Stress, mehr Zeit für das Wesentliche.
„Unsere Mitarbeitenden können sich wieder auf die Gäste konzentrieren“, sagt Klein. „KI ist für uns kein Instrument, um Jobs abzubauen – sondern um Wachstum und faire Bezahlung zu ermöglichen.“
Die Beispiele zeigen: Innovation in der Hotellerie ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug nachhaltiger Transformation. In Baden-Württemberg werden solche Kooperationen gezielt gefördert, um Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft enger zu vernetzen.
So entsteht das, was das Handlungsfeld beschreibt – ein Kreislauf aus Wissen, Anwendung und Weiterentwicklung. Technologien werden nicht nur entwickelt, sondern praxisnah getestet, bewertet und skaliert.

Ein Hotel kann mehr, als nur Gäste beherbergen. Es kann Menschen inspirieren, nachhaltiger zu leben – und selbst zum Agent of Change werden.
Zukunft gestalten – wie Forschung und Hotellerie gemeinsam nachhaltige Innovation vorantreiben
Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels und steigender Energiepreise wird deutlich, wie wichtig Innovation als Treiber von Nachhaltigkeit ist. Digitale Lösungen entlasten Mitarbeitende, ermöglichen flexible Arbeitsmodelle und verbessern Ressourceneffizienz. Gleichzeitig eröffnen sie neue Berufsbilder – etwa in Datenanalyse, KI-Training oder Nachhaltigkeitsmanagement.
Doch entscheidend ist der Mensch. „Wir sehen Technologie als Werkzeug, nicht als Ersatz“, sagt Borkmann. „Die Zukunft der Hotellerie entsteht dort, wo Maschinen die Arbeit erleichtern und Menschen den Sinn geben.“
Das Zusammenspiel von Fraunhofer und McDreams steht exemplarisch für eine neue Art der Innovationskultur im Tourismus. Forschung, Praxis und Politik greifen ineinander, um Zukunft greifbar zu machen – nicht als Vision, sondern als Prozess.
Oder, wie Klein es formuliert: „Wer jetzt den Zug verpasst, wird abgehängt. Aber wer ihn besteigt, fährt in eine Zukunft, in der Nachhaltigkeit, Technologie und Menschlichkeit sich nicht ausschließen – sondern gegenseitig verstärken.“